Kreis Höxter/Warburg (red). „Massiver Stress in der frühen Kindheit kann schwerwiegende Folgen für die Entwicklung haben“, erklärte die international renommierte Trauma-Expertin Michaela Huber vor mehr als 400 Teilnehmenden des Fachtags „Frühe Hilfen“ in der Stadthalle in Brakel. „Es ist deshalb wichtig, früh einzugreifen und das Kindeswohl zu schützen“, betonte die bekannte Psychotherapeutin aus Göttingen. Fachkräfte aus allen Berufsgruppen, die in der Region mit Kindern und Familien arbeiten, nahmen an dem Fachtag zum Thema „Frühes Trauma – späte Folgen“ teil, der von den Frühen Hilfen des Jugendamtes des Kreises Höxter in Kooperation mit dem Caritasverband für den Kreis Höxter ausgerichtet wurde. Landrat Friedhelm Spieker zeigte sich in seiner Begrüßung erfreut über die große Resonanz. „Für einen wirksamen Kinderschutz müssen alle Hand in Hand arbeiten“, bedankte er sich für die engagierte Arbeit des Netzwerks Frühe Hilfen im Kreis Höxter. Dem seit 2012 bestehenden Netzwerk gehören alle Berufsgruppen an, die Kinder in den ersten drei Lebensjahren begleiten, darunter Hebammen, Erzieherinnen und Erzieher, Tagespflegekräfte, die Ärzteschaft, therapeutische Fachkräfte und Beratungsstellen. „Damit haben wir ein starkes Netz für den vorbeugenden Kinderschutz geknüpft“, sagte die Netzwerk-Koordinatorin Silke Merkel vom Kreis Höxter. Ziel sei es, Familien schon bei ersten Signalen Hilfen anzubieten. Das Serviceangebot „Frühe Hilfen im Kreis Höxter“ unterstützt alle Eltern von Säuglingen und Kleinkindern sowie werdende Mütter und Väter von Anfang an. „Der Fachtag hat sich als Forum für Fortbildung und Vernetzung hervorragend in der Region etabliert“, betonte die Leitende Ärztin Sozialpsychiatrischer Dienst vom Caritasverband für den Kreis Höxter, Stefanie Schröder-Czornik. Das Thema Traumatisierung in den Fokus zu rücken, sei der gemeinsame Wunsch der Netzwerkkonferenz und der städtischen runden Tische Frühe Hilfen für Familien gewesen. Schröder-Czornik freute sich, dass es gelungen sei, erneut eine Top-Referentin für den Fachtag zu gewinnen. Michaela Huber erläuterte in ihrem Vortrag, welche Auswirkungen existenzielle seelische Erschütterungen in der frühen Kindheit haben können und welche Hilfen notwendig sind, um traumatisierte Kinder in ihrer Entwicklung zu stärken. „Kinder brauchen eine feinfühlige Bindungsperson, insbesondere in den ersten drei Lebensjahren“, sagte die Psychotherapeutin. Extreme Lebensereignisse, wie Unfälle, Katastrophen, Krieg, Vertreibung, Vernachlässigung, Gewalt, seelische Grausamkeit oder plötzliches Verlassen können zu gravierenden Traumafolgestörungen führen. „Traumatisiert werden die Kinder nicht durch das Ereignis, sondern durch die seelischen, körperlichen und geistigen Auswirkungen“, erklärte die Psychotherapeutin. Die schweren Folgen für Wahrnehmung, Gedächtnis, Sozialverhalten und Beziehungen würden oft erst später auftreten. Besonders belastend seien ständige massive Stresserfahrungen im Lebensalltag. „Wenn Kinder andauernd im Stresszustand sind oder ständig die Stimmung der Erwachsenen im Blick haben müssen, um nicht abgewiesen oder gar geschlagen zu werden, wirkt sich das auf die Gehirn- und Persönlichkeitsentwicklung aus“, sagte Huber. Um dies zu verhindern, seien Frühe Hilfen der richtige Weg. „Je früher Hilfen greifen, desto besser ist es“, bestätigte die Expertin für Trauma-Behandlung die engagierte Arbeit des Netzwerks Frühe Hilfen im Kreis Höxter.

Michaela Huber: Die psychologische Psychotherapeutin und Supervisorin Michaela Huber aus Göttingen ist Ausbilderin in Trauma-Behandlung und Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation. Sie wirkte maßgeblich beim Aufbau von Psychotrauma-Zentren mit und engagiert sich seit Jahrzehnten für die Unterstützung und Vernetzung von Kollegen und Kolleginnen, die mit traumatisierten Menschen arbeiten. Für ihr außerordentliches Engagement für schwer traumatisierte Menschen wurde sie 2008 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.