Brilon / Marsberg / Diemelstadt / Warburg / Lichtenau / Büren. – Sauerland / Waldeck / Hochstift (r). Er war schon zu Lebzeiten berühmt und berüchtigt, ja ein regelrechter Mythos! Der „Robin Hood der Egge“ alias Wildschütz Klostermann hat es nun sogar in die Kinosäle geschafft. Es ist der Stoff, aus dem Filme gemacht werden. An Original-Schauplätzen und mit örtlichen Schauspielern von Brilon, über Marsberg, Diemelstadt, Warburg bis Paderborn wurde das Leben vom Wildschütz Klostermann, der das Grenzgebiet von Sauerland, Waldeck und dem Hochstift als Rückzugsgebiet geschickt nutzte, verfilmt. Über Jahrzehnte gab es immer wieder Heimatfreunde, die dem Wildschütz Klostermann nachgeeifert haben. Heimatromane von Jodocus Temme (1872), der Marsberger Steuerberater Rudolf Gödde (1935), Thomas Ruf (1938) bzw. Georg Servais (1953) philosophierten wunderbar über die Legende Klostermann. Theaterstücke der Niedermarsberger Heimatfreunde (1911 und 1950er Jahre), der Oesdorfer (1960er Jahre), Hesperinghäuser oder Westheimer (2007) hauchten dem Wildschütz immer wieder neues Leben ein.

Der Wildschütz ist Kult: In Lichtenau wird alle zwei Jahre ein Wildschütz-Klostermann-Markt veranstaltet und die Gräflich zu Stolberg´sche Brauerei in Westheim kreierte sogar ein eigenes, naturtrübes Bier zu der Legende des Waldes. Im Jahr 2013 wollte es der Marsberger Geschichts- und Heimatverein „Marsberger Geschichten – Schlüssel zur Vergangenheit e. V.“ ganz genau wissen und es wurde der Wildschütz Klostermann aus rein wissenschaftlichen Gesichtspunkten von Fachleuten anhand von Fakten und Urkunden durchleuchtet. Der anerkannte Autor Peter Bürger (Eslohe/Düsseldorf) arbeitete hier nicht nur mit den „Marsberger Geschichten“, sondern auch mit Hans-Dieter Hibbeln – ein pensionierter Polizeibeamter aus Detmold, der Zeit seines Lebens sich mit den Akten Klostermanns beschäftigt hatte – zusammen. 2014 präsentierten sie ihre Ergebnisse in einer Publikation.

Das war die Grundlage für den Kinofilm: Hermann Klostermann wurde am 28. März 1839 als Sohn des Müllers Johannes Joachim Heinrich Klostermann in Retzin geboren. Seine Mutter heiratete in zweiter Ehe den Forstaufseher Dalchow, der in Hakenberg (Lichtenau) und später in Mittelwald (bei Scherfede/Warburg) tätig war. Von 1857 bis 1859 leistete Klostermann seinen Militärdienst beim 15. Linienregiment in Minden ab. Hermann Klostermann wurde erstmals am 14. Juli 1862 wegen Wilderei im Gebiet der Oberförsterei Hardehausen (Warburg) aktenkundig. Wilddieberei war zu dieser Zeit in der Försterei der Region eine häufig auftretende Straftat. Im Oktober 1862 konnte Klostermann festgenommen werden und wurde zu einer Zuchthausstrafe verurteilt. Nach seiner Entlassung 1865 bildete er eine Bande und wilderte erneut. Am 01. Oktober 1867 wurde der Hardehausener Oberförster Freiherr von Wrede während eines Patrouillenritts bei Blankenrode (Lichtenau) angeschossen. Klostermann geriet unter Verdacht, auch wenn von Wrede, der Klostermann persönlich kannte, zunächst abstritt, dass es Klostermann war, der ihn angeschossen habe und dieser über ein Alibi verfügte. Die preußische Regierung setzte eine Belohnung von 200 Talern aus. Am 01. Februar 1868 wurde der Forstläufer Heinemann in der Nähe von Diemelstadt-Rhoden lebensgefährlich verletzt. Die Tat wurde Klostermann zugeschrieben, dieser entzog sich einer Verhaftung in der Nacht vom 04. auf den 05. Februar und wurde daraufhin steckbrieflich gesucht. Am 24. Mai versuchte das Militär, Klostermann im Orper Grund (Diemelstadt) zu verhaften und erschoss dabei seinen Begleiter Lohoff aus Oesdorf (Marsberg). In der Nacht vom 13. auf den 14. Juni konnte Klostermann beim Büchsenmacher Lutter in Brilon festgenommen werden und wurde nach Paderborn gebracht. Dort fand vom 12. bis zum 14. November ein Prozess am Schwurgericht unter der Leitung des Warburger Kreisgerichtsdirektors Joseph Weingärtener statt, der für viel Aufsehen sorgte. Klostermann wurde zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt, aber bereits nach sechs Jahren wieder entlassen. Am 19./20. Juni 1880 wurde er erneut beim Wildern erwischt und verhaftet. Er wurde zu fünf Jahren Gefängnis und Ehrverlust verurteilt. Kurz nach seiner Entlassung wurde er zu Weihnachten 1885 erneut verhaftet. Während des achttägigen Arrests wurde ihm in staatlichem Auftrag von einem Forstbeamten nahegelegt, nach Amerika auszuwandern. Klostermann lehnte dieses Angebot unter Verweis auf seinen angeschlagenen Gesundheitszustand ab. Wo er nach dem Ende dieser Haftstrafe geblieben ist, ist ebenso unbekannt wie Ort und Datum seines Todes.

Blautann-Film nahm sich jetzt dem Wildschütz Klostermann an und drehte an den einstigen Schauplätzen, wie der Bruchmühle, Alt-Rhoden (beide Diemelstadt), Hardehausen, Hammerhof (beide Warburg), Dalheim (Lichtenau), Gut Böddeken (Büren), Fürstenberg (Bad Wünnenberg) oder Oesdorf (Marsberg). Im Film wird der Wildschütz von Julian Jakobsmeyer aus Paderborn gespielt. Michael Vockel-Böhner aus Brilon verkörpert bis zu seinem schauspielerischen Tod den Oesdorfer Lohoff. Ein ganzes preussisches Bataillon aus Minden wurde in Original-Requisiten verpflichtet.

Zwischen den Spielfilm-Szenen kommen die Heimatforscher: Peter Bürger, Hans-Dieter Hibbeln oder Hermann Böhne (Bruchmühle) mit den geschichtlichen Fakten zu Wort. Filmstart ist in den Kinos in Paderborn, Warburg und des Waldecker Landes im März 2018, so Peter Schanz (Regisseur). Schanz: „Der Film zeigt den Wildschütz ungeschönt sowohl als Kriminellen, der auf seine Verfolger schoss, als auch als charmanten Held, den die Frauen liebten und die Bauern vor der Obrigkeit verleugneten. Für das Königreich Preußen, dem Westfalen damals einverleibt war, mutierte er nach und nach zum Staatsfeind Nummer Eins.“ Darüber hinaus macht der Film Lust auf die wunderbar bewahrte Flora und Fauna unserer Region.

Mehr zum Film und einen ersten Trailer findet man auf der Homepage: www.blautann-film.de Foto: Marsberger Geschichten – Schlüssel zur Vergangenheit e. V., Ramona Richter.